Werner Lampert trifft… Peter Eitzenberger – VBV, Ethik und Veranlagung

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Im Gespräch bemerkten Peter Eitzenberger, CSR-Beauftragter und Prokurist der VBV – Vorsorgekasse und Werner Lampert, Bio-Pionier, dass Transparenz, Vertrauen und Resilienz in beiden Bereichen bestimmend sind. Außerdem dürfen beim Streben nach Erfolg und Ertrag die Würde des Menschen und die Ethik nicht zu kurz kommen.

Nachhaltigkeit bei einer Vorsorgekasse und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Was ist gleich, was ist anders?

Peter Eitzenberger: Ich denke, dass sich Landwirtschaft und Finanzwirtschaft gar nicht großartig unterscheiden. Das mag vielleicht überraschend klingen, aber in der Landwirtschaft dominiert die Industrie und in der Finanzwirtschaft dominiert die Geldindustrie.

Werner Lampert: Wenn ich mit Menschen aus dem Finanzbereich rede, wird mir immer bewusst, dass die Emotionalität das oberste Prinzip ist. Alles ist zwar sachlich und strukturiert, aber im Grunde sind es die Emotionen, die zu Entscheidungen oder Vertrauen führen. Ebenso ist es in der Landwirtschaft. Eine gute Landwirtschaft muss mit Emotionen geführt werden.


Emotionen, sind es jedoch nicht oft andere Faktoren, die bestimmen?

Eitzenberger: Landwirtinnen und Landwirte sind wohl genauso den politischen Kommentaren ausgeliefert, wie wir Menschen in der Finanzwelt. Wir bewegen uns immer mehr von der Realwirtschaft weg, hin zu Erwartungshaltungen und Einschätzungen der politischen Gremien und Finanzgremien.

Lampert: Wenn man sich die Landwirtschaft in den letzten 30 Jahren ansieht, sieht man ein hohes Maß an Fremdbestimmung – die Abhängigkeit ist eine gewaltige. Die Abhängigkeit von der Petro- und Chemieindustrie, die Abhängigkeit von Saatgut ist eine steigende. Kaum ein Wirtschaftssektor ist so abhängig wie die Landwirtschaft.

Eitzenberger: Wie kommen wir aus diesem System der Abhängigkeit heraus, wie kann der einzelne Freiheit leben, anbauen und wachsen lassen?

Lampert: Wenn das Bewusstsein im Kopf entstanden ist, dass wir Verantwortung dem eigenen Leben, der Familie, den KonsumentInnen gegenüber haben, dann können wir beginnen über Freiheit nachzudenken – ein komplizierter Prozess.


Wie groß ist die Abhängigkeit in der Veranlagung von Kundengeldern? Ist die Veranlagung nur dann nachhaltig, wenn sie auch wirtschaftlich ist?

Eitzenberger: Zu Beginn steht die Frage, welche Interessen die Stakeholder haben. Wenn man Zeit lässt, bekommt man sicher nicht „das beste Quartalsergebnis“ zur Antwort. Vielmehr ist es eine sichere und langfristige Veranlagung. Um langfristige Erträge zu gewährleisten sind strenge Kriterien wie beispielsweise der Ausschluss von Spekulation mit Lebensmitteln unumgänglich.

Lampert: Langfristigkeit, Resilienz ist eine Voraussetzung für eine nachhaltige Landwirtschaft. Es bedeutet eine totale Veränderung, eine Umstellung im Feldbau, den Verzicht auf billiges Soja aus Südamerika, auf die Zerstörung dieses Kontinents. Die dadurch entstehenden Mehrkosten müssen den Bauern abgegolten werden. Billige Ware, auf Kosten anderer, darf nicht selbstverständlich bleiben.



Heißt Nachhaltigkeit Misserfolge einzustecken? Geht man damit ein wirtschaftliches Risiko ein?

Eitzenberger: Aus Misserfolgen lernt man. Firmen, welche die Umwelt verschmutzen etc. werden in der Zukunft zur Rechenschaft gezogen werden, und steuern auf zukünftige gewaltige Kosten zu. So ist nachhaltige Veranlagung auch Risikovermeidung.

Lampert: Für einen Bauern bedeutet die Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft, die Aufgabe von Abhängigkeiten, er muss sein Handwerk neu lernen. Er nimmt 3 Jahre lang ein großes Risiko auf sich.


Unterschiedliche Geschäftsfelder, aber immer geht es um Menschen. Welche Rolle spielen die Menschen und die Würde?

Eitzenberger: Regional und international sollte die Würde eines Menschen von niemandem angetastet werden. Das ist ein hoher Anspruch im Wirtschaftsleben.

Lampert: In Österreich hat kaum ein Landwirt noch Fremdarbeiter, und wenn, halten sie sich an die Gesetze, da hat sich viel getan. Bei der Würde der Tiere und Pflanzen, der Natur beginnen die Schwierigkeiten.


Stichwort Ethikbeirat, und Wirtschaftsethik. Sehen Sie das als Prämisse für ein erfolgreiches Unternehmen?

Eitzenberger: Den Ethikbeirat hat es bei uns schon gegeben, bevor wir noch den ersten Euro veranlagt haben. Dieser hat unsere Grundsätze in der Veranlagung definiert. Als Finanzdienstleister haben wir die große Chance Investments aus einem Blickwinkel der Ökologie, Kirche oder NGO’s zu betrachten. Ethikbeiräte sind vor allem für Großunternehmen interessant.

Lampert: Die Biolandwirtschaft hat sich von Beginn an als ethisches Projekt verstanden. Das hält sich seit 1925 so. In dem Moment, wo man den ethischen Standpunkt ins Treffen führt, kann man Dinge verändern, die von der Methode her kaum veränderbar waren. Wenn es um Ethik geht, finden alle wieder zusammen und gehen in eine Richtung – das ist Biolandbau.


Wie viel Kommunikation braucht es denn um Nachhaltigkeit nach Innen und nach Außen zu leben?

Lampert: Die Biolandwirtschaft ist eine autistische Bewegung gewesen, aber heute ist Kommunikation das um und auf.
Intransparenz ist der wesentliche Player in der Finanz- und Landwirtschaft. Unser Projekt war von Beginn an transparent und nachvollziehbar aufgesetzt und wir erlangten dadurch auch ökonomisch großen Erfolg und Vertrauen.

Eitzenberger: Transparenz und Vertrauen sind Geschwister. Ich kann die Unternehmen nur dazu ermutigen, es zu wagen! Die Wirtschaft braucht keine Unterlasser, sondern Unternehmer!

Lampert: Es ist interessant, dass Landwirtschaft und Finanzwirtschaft so ähnlich ticken. Vielleicht geht es um das Thema „aufrechter Mensch“!


Abschließend noch eine Frage. Was verstehen Sie unter Vorsorge?

Lampert: Persönlich, bin ich ja ein Vorsorgemuffel. Alles was ich erwirtschafte, stecke ich in neue Projekte. Ich habe die Vision, dass ich mit 90 noch arbeite. Das ist meine Altersvorsorge.

Eitzenberger: Das erinnert mich an meinen Vater, der sich heute noch bester Gesundheit erfreut und bis zum 79. Lebensjahr selbstständiger Frisör war. Meine Vorsorge besteht aus einer betrieblichen Vorsorge, einem eigenen Haus, eigenen Garten und Kindern, bei denen es eine Freude ist, sie heranwachsen zu sehen.



Peter Eitzenberger ist CSR-Beauftragter* und Prokurist bei der VBV – Vorsorgekasse. Die VBV hat Nachhaltigkeit zu ihrem Leitmotiv gemacht und bereits bei der Gründung 2002 strenge Kriterien für ihr Geschäft entwickelt. Die nachhaltige Veranlagung von Kundengeldern, das nachhaltige Unternehmensmanagement sowie das Umweltbewusstsein werden von einem eigenen Ethikbeirat kontrolliert. Die VBV – Vorsorgekasse ist vielfach ausgezeichnet (EMAS, ASRA, ÖGUT, …).

*Corporate Social Responsibility, Werteorientiertes Management

Werner Lampert ist Erfinder und Markenverantwortlicher für große Handelsmarken wie Zurück zum Ursprung (seit 2006) und früher Ja! Natürlich. Seit 1998 leitet er die Werner Lampert Beratungs GmbH und arbeitet mit einem Team von Experten an der Entwicklung, Erzeugung und Vermarktung nachhaltiger und rückverfolgbarer Bio-Produkte und Bio-Marken.

Quelle: Dieser Text ist die gekürzte Fassung eines Gesprächs zwischen Werner Lampert und Peter Eitzenberger im September 2013.
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