Bewusstseinsbildende Berichterstattung ist möglich

Grauhaariger Mann mit lockigem Haar blickt über die Zeitung "DerStandard" hervor

Amerikanische Medien hatten in der Vergangenheit wirtschaftliche Themen vor jene des Klimaschutzes gestellt – womit kein Problembewusstsein darüber in der Bevölkerung geschürt werden konnte. Derzeit befassen sich überwiegend US-Forschungsinstitute mit der Nachhaltigkeitsthematik. Diverse Studien ergaben zudem, dass ebendort in erster Linie Wirtschaftsvertreter und Politiker auf den medialen Nachhaltigkeitsdiskurs einwirken.

In Europa hingegen, prägen Wissenschaftler als primäre Nachrichtenquelle die Klimadebatte. Medien in Deutschland würden den wissenschaftlichen Konsens unter Klimaforschern widerspiegeln, während dieser in den USA bislang vermehrt in Frage gestellt wurde.

Die gesichteten Studien konnten zusammengefasst folgendes Bild vermitteln:

  1. Die Berichterstattung über nachhaltige Themen, wie Umwelt, Naturschutz etc., wurde im zeitlichen Verlauf bedeutsamer.
  2. Wissenschaftliche Quellen wie auch Klimaexperten stellen im deutschsprachigen Raum die wichtigste Nachrichtenquelle dar. Politische Akteure können an Bedeutung gewinnen.
  3. Boulevardblätter greifen Umweltthemen sowohl inhaltlich als auch auf bildlicher Ebene anders auf, als Qualitätsmedien. Großformatige Zeitungen würden nachhaltige Themen differenzierter und öfter behandeln als Kleinformate.
  4. Bei komplexen Thematiken fokussieren sich Medien auf kurzfristige, dramatische Ereignisse und achten auf Personenbezug.

Ergebnisse bezüglich der amerikanischen Presse in einer Studie von Boykoff/Boykoff (2007) ergaben außerdem, dass Dramatisierung und Personalisierung die Art sowie Häufigkeit der Berichterstattung beeinflussen würden.

Es kann davon ausgegangen werden, dass deutschsprachige Journalisten bei vergleichsweise ähnlichen Gegebenheiten, eben solchen Schemen folgen würden – ähnliche Tendenzen in der Berichterstattung wären also durchaus realistisch.

Ungeachtet dessen, dass Medien einen bedeutenden Stellenwert bezüglich nachhalitger Informationsvermittlung einnehmen, obliegt der Presse keine Verpflichtung umfassender Berichterstattung. Ökonomische Prozesse würden sich verstärkt vor publizistische Ansprüche stellen – folglich würden sich Zeitungen heute vorwiegend durch ihre Zielgruppenorientierung unterscheiden.

Nachhaltigkeitsthemen scheinen zudem auch ein soziales Problem darzustellen. Womit auch die Politik als Problemlöser im Blickfeld öffentlichen Interesses steht. Und erst durch die mediale Vermittlung politischer Problemlösungsprozesse, ist die Bevölkerung in der Lage, diese mitzuverfolgen und daran teilzunehmen.

Laut der Informationsbias von Bennett, dürfen personenbezogene und dramatisch inszenierte Medienberichte, nicht allein als Problem der Unzugänglichkeit der Nachhaltigkeits-Berichterstattung gesehen werden. Als Einstiegsmittel wären solche sogar geeignet. Die Umsetzung allerdings, also wenn personalisierte, dramatisierte Informationen, essentielle Nachrichten überdecken, wäre fahrlässig und ließe Rezipienten in Ungewissheit und Unverständnis zurück. Als Folge würde sich eine Fragmentierung, die als komprimierter, dramatisierter und personenbezogener Inhalt beschrieben wird, herauskristallisieren.

Summa summarum kann festgehalten werden, dass Bennett zufolge Medien nur wenig dazu beitragen, Bürger ausreichend zu informieren oder zu selbstständigem Handeln zu motivieren. Medien würden Krisen, Skandalen und menschlichen Dramen oft zu große Bedeutung schenken. Folglich würde den Rezipienten ein ängstliches, politisch begrenztes Bild von Ereignissen vermittelt werden, mit wenig seriösen Analysen. Politisch kritisches Denken und Handeln werde demnach nur begrenzt ermöglicht.

Sieben Punkte wären auf Basis von Bennetts Theorie, für eine verbesserte Berichterstattung auch hinsichtlich demokratischer und politischer Einbindung, essentiell:

  1. Vermehrte und vielfältigere Stimmen und Standpunkte.
  2. Mehr Hintergrundinformationen, die Prozesse von Organisationen/ Institutionen besser verständlich und nachvollziehbar machen.
  3. Historische Verläufe müssen vermehrt eingebettet werden um etwa politische Zusammenhänge herauszukristallisieren und diese folglich verständlicher zu gestalten.
  4. Vermehrte Stellungnahme von Experten, unabhängige Analysen in Kombination mit Politikerstatements. Somit können Rezipienten Issue-Frames besser erkennen und bewerten.
  5. Motivation der Bürger zur Teilnahme an politischen Prozessen  – durch positive Beispiele aus der Bevölkerung.
  6. Verweise auf weiterführende Literatur, bzw. Internetseiten; Ermutigung zur Teilnahme an Diskussionen, etwa via Mail.
  7. Unabhängigere Themenschwerpunkte der diversen Nachrichtenorganisationen sorgen für mehr Nachrichtenvielfalt

Über die Autorin Sylvia Gerstl
Ich wurde 1988 in Wien geboren, begann nach der Matura 2006 mit einem Publizistik und Kommunikationswissenschafts-Studium an der Universität Wien. Derzeit bin ich mit meiner Diplomarbeit über Nachhaltigkeitskommunikation beschäftigt. Während meines Studiums habe ich als freie Mitarbeiterin bei LIVE – das Starmagazin der Kronen Zeitung gearbeitet.

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