Hat der Mensch die Kraft eines Meteoriten?

Blauer Schmetterling auf Blume

Der vernünftige Mensch = Homo sapiens, ist wohl die erfolgreichste Spezies der Weltgeschichte, die Spezies, die die Welt am stärksten beeinflusst und ihren Ablauf verändert. Gleichzeitig hat der Mensch die schwere Bürde, dass ihm das bewusst ist und er emotional auf sein Handeln und die Auswirkungen seines Handelns reagiert. Das Verschwinden von Bienen, Amseln und Schmetterlingen aus dem Garten wird als schmerzlich empfunden. Doch das Verschwinden muss nicht sein, wir können etwas dagegen tun! Daher widmet Nachhaltigkeit. Neu denken. diesen Schwerpunkt der Biodiversität.

Wissenschaftler taufen das letzte Individuum einer Art liebevoll „Endling“, mit dieser emotionalen Bezeichnung, der ein wenig an Fantasy- oder Science-Fictionbegriffe erinnert, möchten sie der Allgemeinheit den Verlust näher bringen, der mit dem Aussterben einer Art einhergeht. Viel zu oft verschwinden Ökosysteme, Arten oder Rassen ohne jegliche Registrierung der Medien oder Bevölkerung.

Anders verlief es bei dem im Mai 2019 erschienenen Bericht des Weltbiodiversitätsrat (IPBES). Er rückte die Biodiversität prominent in die Wahrnehmung der Menschen, denn die Erkenntnisse der Wissenschaftler sind schockierend. Eine Million Pflanzen- und Tierarten könnten durch den Menschen ins endgültige Aussterben getrieben werden, das ist ein Ausmaß, das das zivilisierte Zusammenleben des Menschen gefährden würde. (Wissenswertes zu Biodiversität und dem IPBES-Bericht)

Es ist in der Tat schwer vorstellbar, dass man 700 verschiedene Bienenarten in Europa braucht, würde nicht eine Art genügen? Nein, denn Ökosysteme sind ein kompliziertes Geflecht aus Tieren, Pflanzen, Pilzen, Mikroorganismen und ihrem Lebensraum, jede Art hat ihren Platz und ihre Funktion im System. So wie bei einer Maschine, wo jede Schraube, jedes Kabel, jedes Zahnrad wichtig ist. Entfernt man eine Schraube, steht die Maschine noch, aber wehe, jemand stößt an sie an, dann könnte sie in sich zusammenfallen. So verhält es sich auch mit den natürlichen Lebensräumen, sie gedeihen lange weiter, obwohl einige Arten ausgestorben sind, aber ein Unwetter, eine Dürre kann alles außer Kontrolle bringen.

„Man kann ohne weiteres davon ausgehen, dass allein mit einer massiven Reduktion oder gar dem Aussterben von Insekten das Leben auf diesem Planeten, wie wir es kennen, nicht mehr möglich wäre“, betont auch der Querdenker Lars Jaeger in seinem Artikel „Noch eine Öko-Krise – Und keiner merkt es“.

Der Mensch wird immer überleben

Als Totschlagargument von Menschen, die zu bequem sind ihre Verhaltensweisen zu verändern, lautet immer wieder: „Der Mensch wird das alles überleben!“

Das ist absolut richtig, die Spezies Mensch, der Homo sapiens, wird allein wegen seiner großen Individuenzahl von 8 Milliarden, jegliche drohende Katastrophe überleben. Aber wie sieht es mit unserer Zivilisation aus? Wird in einer überhitzten Welt mit Nahrungsproblemen noch Platz sein für das Schöne, für das Friedliche?

„Sind die Schöpfungen des Menschen, wie die Musik, die Literatur, der Film, die Fotografie nicht wert, gerettet zu werden?“ fragt sich auch Ökologin Dr. Isabell Riedl.

Die Reaktion der Menschen wird stärker

2 Junge Frauen in MenschenmengeDass es nicht weitergehen kann wie bisher, versteht der Großteil, aber nun wird auch die Zahl an Menschen, die Handlungen setzen und fordern, merklich größer. Die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ erfreut sich immer größerer Beteiligung. Immer wieder schallen dabei Sprüche wie „There is no future on a dead planet“ durch die Straßen. Dass Bewegungen, wie diese, wirklich den Stein ins Rollen bringen können, zeigen auch die Forschungen von Dr. Alice Vadrot. Sie untersuchte, warum die Politik in ihren Reaktionen auf wissenschaftliche Meldungen und Erkenntnisse so träge reagiert:

„Das Problem liegt insbesondere darin, dass die Bevölkerung Umwelt- und Naturschutz nicht hinreichend einfordert, was auch am Wahlverhalten ablesbar ist. Es muss daher in erster Linie an die ‚Herzen und den Verstand‘ der Menschen appelliert werden, damit Naturschutzmaßnahmen stärkere Umsetzung erfahren.“ (Zum Interview)

Und tatsächlich hat der Druck auf die Politik in den letzten Monaten stark zugenommen und endlich scheint sich etwas zu bewegen. Ursula von der Leyen versicherte zuletzt nach ihrer Wahl zur neuen EU-Kommisionspräsidentin: „Ich werde in meinen ersten 100 Tagen das erste Europäische Klimagesetz vorlegen, welches das 2050-Ziel verbindlich macht.“ Oder der österreichische Politiker Rudi Anschober sammelt seit diesem Jahr Stimmen für den Schutz von Böden und Artenvielfalt, 16.000 haben die Petition bereits unterzeichnet.

Kopf nicht in den Sand stecken, sondern Pflanzen setzen

Der Ruf nach Handlungen wird von der Wissenschaft unterstützt und sie versorgt uns mit Werkzeugen und Wissen, um die richtigen Maßnahmen zu setzen. Forscher der Uni Göttingen veröffentlichen kürzlich, wie die Artenvielfalt in der Landwirtschaft hoch gehalten und gleichzeitig eine gute Lebensmittelversorgung gesichert werden kann. Einerseits müssen dazu echte Naturschutzflächen erhalten werden, andererseits kann durch gezielte Landschaftsplanung die Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen erhöht werden. Die Landwirtschaft kann zum wichtigsten Erhalter der Biodiversität werden, dass sich das auch ökonomisch auszahlt, erklärt Umweltberater Dr. Daniel Bogner:

„Biodiversität für Einkommensgenerierung zu nutzen, stärkt den Betrieb langfristig ökonomisch und bietet Nachfolgern attraktive Möglichkeiten, den Betrieb weiterzuentwickeln.“

Aber auch Sie als Privatperson sollen aufgrund der Katastrophenmeldungen nicht resignieren, unterschätzen Sie niemals Ihren Wirkungsbereich. Fangen Sie dort an, wo es Ihnen am leichtesten fällt, vielleicht in Ihrem Garten, auf Ihrem Balkon oder in Ihren vier Wänden.

„Jede Pflanze bewertete ich im Hinblick auf ihr Futterangebot für Insekten, die Hautflügler, und taugte sie nicht, hab ich sie durch eine andere Pflanze ersetzt, gleich wie gerne ich sie hatte“, regt Bio-Pionier Werner Lampert an. (Lesen Sie das ganze Interview)

Lila Blume mit BieneDer nächste Schritt ist dann nach draußen. Es ist der weitaus schwierigere, denn plötzlich werden Sie bei Ihren Handlungen beobachtet. Aber gerade dieser Schritt, wo Sie in Austausch mit anderen treten, ist ein erfüllender. Plötzlich treffen Sie auf Gleichgesinnte, es öffnen sich Ihnen Türen, die Sie zuvor nicht einmal wahrgenommen haben. In der Zusammenkunft mit anderen entsteht eine Dynamik voller Hoffnung und die Kraft zur positiven Veränderung wächst sprunghaft. Plötzlich wächst das Vertrauen in die Menschheit und sich selbst wieder. Und plötzlich retten wir die Welt.

Wagen Sie mit uns den ersten Schritt?

 

Schritte zur Erhaltung der Biodiversität:

  • Kaufen Sie biologische und authentisch regionale Lebensmittel (Biodiversität ist nachweislich höher im Bio-Landbau, authentische Regionalität ist wichtig um Futtermittel- und Lebensmittelimporte zu verhindern)
  • Steigen Sie vermehrt auf pflanzliche Kost um, das ist erstens gesund und zweitens beansprucht sie deutlich weniger Fläche in der Landwirtschaft als tierische – so wird der Druck auf Naturraum vermindert
  • Gestalten Sie Ihre Freiflächen aus dem Blickpunkt der Naturvielfalt (bienenfreundliche Pflanzen, vielfältige Strukturen, Belassen von Totholz…), produzieren Sie Ihren eigenen Kompost
  • Beteiligen Sie sich an Petitionen und Bewegungen
  • Fordern Sie in Ihrer Gemeinde, der Schule, dem Kindergarten, an Ihrem Arbeitsplatz etc. Maßnahmen für mehr Biodiversität. Schulklassen können sich z.B. am Alpenschule-Gewinnspiel von Zurück zum Ursprung beteiligen.
  • Informieren Sie Ihre Umgebung, erzählen Sie Ihren Nachbarn von Ihren positiven Aktionen
  • Unterstützen Sie Naturschutzorganisationen
  • Wählen Sie Parteien, die Naturschutz ernst nehmen
  • Haben Sie noch mehr Ideen? Teilen Sie diese gerne mit uns in den Kommentaren.

Portrait einer Frau mit langen braunen Haaren und blauen AugenÜber die Autorin

Dr. Isabell Riedl ist seit 2012 als Nachhaltigkeitsbeauftragte und in der Kommunikation der Werner Lampert GmbH tätig. Sie studierte Ökologie mit Schwerpunkt Natur- und Landschaftsschutz und Tropenökologie an der Universität Wien. Ihre Dissertation verfasste sie über die Bedeutung von Baumreihen in landwirtschaftlichen Gebieten für Waldvögel in Costa Rica. Zeit ihres Lebens hat sie sich insbesondere der ökologischen Nachhaltigkeit verschrieben. Sie ist Teil des Redaktionsteams des Online-Magazins „Nachhaltigkeit. Neu denken.“

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