Werner Lampert trifft… Junge Stimmen – Solidarität und Gesellschaftspolitik bewegen

„Die wirklich interessanten Bewegungen entstehen, wenn man frei ist und es einem gut geht! Das ist ein klarer Appell an die jungen Menschen, jetzt zu handeln!“. „Ich alleine kann die Gesellschaft nicht verändern, aber mein Umfeld!“ motiviert dazu eine Teilnehmerin. Die große Bewegung, der große Ruck in der Gesellschaft fehlt noch, doch die junge Generation birgt viel Potential!

Werner Lampert: Um in der Nachhaltigkeit voranzukommen müssen wir gesellschaftspolitisch die Thematik angehen. Wie gehen wir mit den schwächsten in der Gesellschaft um? Ich möchte nicht über Nachhaltigkeit reden, solange das Schulsystem, die Bildung im Argen liegt, ich will nicht über Nachhaltigkeit sprechen, wenn ich sehe, dass bei jeder Wirtschaftskrise sofort im sozialen abgeschöpft wird!
Wir werden keinen Millimeter weiter kommen, wenn wir brav zu Hause sitzen! Die jungen Menschen müssen sich gesellschaftspolitisch solidarisieren.


Was muss passieren damit eine Nachhaltigkeitsbewegung entsteht?

Susanne Mairhofer: Proteste entstehen, wenn es einen selbst betrifft. Der Aufschrei kommt, wenn es uns richtig schlecht geht, dann realisieren wir, dass wir handeln müssen. Trotzdem glaube ich, dass es wichtig ist kleine Taten zu setzen, wie zum Beispiel auf biologische Ernährung zu achten. Ich alleine kann die Gesellschaft nicht verändern, aber mein Umfeld!

Lampert: Die wirklich interessanten Bewegungen entstehen, wenn man frei ist, da sonst Angst und Zorn steuert. Die Voraussetzungen, die Sie heute haben, sind optimal! Jetzt sind wir noch in der Situation etwas verändern zu können. In der Zukunft, gleich welchen Politiker Sie wählen, werden wir mit dem Klimawandel nicht verhandeln können.

Lisa Vockenhuber: Jeder muss schon heute schauen, wie er den Zugang zur Nachhaltigkeit an die nächste Generation weitergibt.

Manuel Hahn: Es ist wichtig bereits im Kindergarten Bildungsmaßnahmen zu setzen.

Christina Steinbacher: Wir müssen schätzen, was wir haben und nicht verschwenderisch leben! Da geht es um Ernährung, um Kleidung.

Lampert: Bei Kleidung tauchen wir bereits in die gesellschaftspolitische Thematik ein. Wenn man Gewand um ein paar Euro kauft, weiß man ganz genau, dass die Herstellung auf Ausbeutung basierte. Könnte man nicht Emotion und Bewusstsein zusammenbringen und so Menschen dazu motivieren, sich zu informieren?

Katharina Skarabela: Aber wo bildet man das Bewusstsein? Ich weiß von befreundeten Lehrerinnen, dass Eltern ihren Kindern heute eine Leberkäsesemmel und Chips in die Schule mitgeben, weil es bequem ist. Zusätzlich wird in Übermaßen eingekauft und weggeschmissen.

Katharina Knapp: Wir müssen darauf hinweisen, dass es uns zwar einerseits noch gut geht, wir aber gleichzeitig auch schon liegen! Kommunizieren wir der breiten Basis die Langzeitschäden, auf die wir zusteuern, wenn wir nicht sofort handeln!

Lampert: Eine Möglichkeit wäre doch die Auseinandersetzung mit Greenwashing, durch die Verbreitung über das Netz. Das könnte Bewusstsein schaffen und zum Aufschrei animieren.

Raphaela Steiner: Ich verfolge den Ansatz, dass positive Kommunikation wichtig ist. Greenwashing ist zu negativ besetzt.
Blicken wir auf das Steirische Vulkanland. Vor 25 Jahren war es eine der ärmsten Regionen Österreichs. Heute hat die Region eine kulturelle und kulinarische Identität, und möchte nun eine Bioregion werden. Gemeinsame Visionen können einen Wandel bewirken!

Knapp: Es wird außerdem notwendig, dass Gesetze implementiert werden, und das ganzheitlich– ökologisch, sozial und ökonomisch. Die Gemeinwohl-Ökonomie wäre da ein Ansatz, den kennen nur noch nicht viele.

Lampert: Mit der Nachhaltigkeit von Ländern und Unternehmen verhält es sich, wie bei unserer persönlichen Nachhaltigkeit. Es gibt eigene Aspekte, da ist man sehr nachhaltig, und dann wieder andere, wo man ungern darüber spricht, wo die eigene Nachhaltigkeitsbilanz wieder sehr öde aussieht. Man muss sich ja nicht genieren, man muss begreifen, dass Nachhaltigkeit ein Prozess ist und einen Punkt nach dem anderen abarbeiten.

Mairhofer: Da sind wir aber wieder bei der Thematik positiver Kommunikation, das ist wichtig für die Psyche der Menschen.


Was bestärkt Sie selbst Taten zu setzen, woher haben Sie Ihr Wissen?

Mairhofer: Ich habe jahrelang bei einem Projekt in Schulen mitgearbeitet, wo es darum ging, Kindern spielerisch das Energiesparen beizubringen, dann kam die Wirtschaftskrise und das erste, was gestrichen wurde, war das Schulprojekt!

Skarabela: Meine Eltern haben eine Fahrschule, in der wir stark auf Elektromobilität setzen. Damit leisten wir viel Bewusstseinsbildung bei den jungen AutofahrerInnen.

Plank: Die WU hat sehr viele fantastische Vorlesungen anzubieten, leider sind diese alle Wahlfächer.

Lisa Knapp: Ich bin selbst schon lange Vegetarierin. Wir hatten ein Pflichtfach, wo wir einen Schlachtbetrieb besuchten. Angeblich seien die Tiere genauso ruhig, wie im Stall, aber die Tiere hatten Schaum vor den Mäulern. Der Geruch nach Blut und Desinfektionsmitteln war überwältigend, allein schon sensorisch müssen diese Tiere ihre missliche Situation wahrgenommen haben. Dieses Erlebnis hat uns alle sehr geprägt.



Welche Macht hat der Konsument?

Lampert: KonsumentInnen haben alle Macht! Sobald eine Bewegung passiert, wird man nicht auf Widerstand beim Handel stoßen. Beispiel Gentechnik, in Europa will der Konsument diese nicht.

Hahn: Ziel wäre es, unbewussten Konsum in bewussten zu transferieren. Die Verwendung von digitalen Kanälen wäre wichtig, über Handy Apps etc.

Ralph Kropfreiter: Je mehr man weiß desto schwieriger wird es, dann steht man im Supermarkt und weiß nicht mehr, was man kaufen soll.

Skarabela: Ich fürchte nur, dass viele sich nachhaltige Güter nicht leisten können.

Lampert: Blicken Sie jedoch in die Einkaufskörbe von Menschen, die finanziell unter Druck stehen, werden Sie verwundert sein.

Vockenhuber: Das stimmt, das ist eine Frage von Prioritäten! Saisonale Lebensmittel sind leistbar!

Steinbacher: Ein Kilo Bio-Erdäpfel aus dem Waldviertel kostet 60 Cent! Chips und Fastfood sind teurer!

Mairhofer: In unserer Generation findet ein Umdenken statt. Ich beobachte das in meiner Umgebung- es wird immer mehr selbst gekocht. Bei manchen bräuchte es nicht nur eine Erziehung zu bewusster Ernährung, sondern auch eine finanzielle Erziehung.


Haben Sie Fragen an Werner Lampert?

Hahn: Was ist Ihre Vision für die Zukunft?

Werner Lampert: Zu Beginn wollte ich das Konzept von Zurück zum Ursprung für Länder, die öffentlichen Institutionen hatten aber keinen Mut. Mein Ziel ist es, dass in zwanzig Jahren zwei bis drei Länder in Europa dieses Konzept übernommen haben.
Bio gehört mit Regionalität, mit regionaler Wertschöpfung verknüpft. Bauern sollten verstehen für wen sie produzieren, Konsumenten sollten die Bauern kennen, das ist woran wir arbeiten.

Steinbacher: Warum wird in der Werbung immer ein idyllisches Bild gezeichnet, dass es so gar nicht mehr gibt?

Lampert: Konsumenten erreicht man entweder über „Billig“ oder über Emotionen.
In unserem Fall, haben wir jedoch nie einen gestellten Bauern gemacht. Wir haben zum Beispiel einen Bauern, der den Impetus hat, dass seine Kühe Hörner tragen. Er wurde von einer Kuh, welche sich erschreckt hatte, schwer verletzt, trotzdem steht für ihn außer Frage, dass seine Kühe nicht enthornt werden. Die Leidenschaft, diese Verbundenheit, die gibt es noch! Die müssen wir für die Werbung nicht erfinden.


Schlusswort

Lampert: Die erste große Dynamik im Bio-Bereich kam zuerst von den Bauern, jetzt muss sie von den Konsumenten kommen. Ihr seid alle in einem wunderbaren Lebensalter! Eine grandiose Zukunft steht euch bevor!



Bärtiger Mann mit Kürbis in der HandWerner Lampert (geboren 1946 in Vorarlberg/Österreich) zählt zu den Wegbereitern im Bereich nachhaltiger Produkte und deren Entwicklung in Europa. Der Biopionier beschäftigt sich seit den 1970er-Jahren intensiv mit biologischem Anbau. Mit Zurück zum Ursprung (Hofer) und Ja! Natürlich entwickelte er zwei der erfolgreichsten Bio-Marken im deutschen Sprachraum.
Quelle: Dieser Text ist die gekürzte Fassung eines Gesprächs zwischen Werner Lampert und jungen Menschen rund um Nachhaltigkeit.
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